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Ausstellungen

2011: Einheimische Künstler: Maria Schießl (Malerin, Töpferin), Alfred Tragl (Holzbildhauer)

Laudatio von Siegfried Bräuer anlässlich der Vernissage am 10.07.2011

Laudatio von Siegfried Bräuer anlässlich der Vernissage am 10.07.2011

Liebe Heimatfreude,

geschätzte Kunstliebhaber,

sehr geehrte Damen und Herren,

dass sich ein heimatkundlicher Verein an eine Kunstausstellung mit gegenwärtigen Künstlern heranwagt, ist nicht selbstverständlich. Erwartet man doch eher von ihm, dass er Kulturdenkmäler vor dem Verfall bewahrt, überkommene Bräuche pflegt oder als Mahner gegen übertriebene Neuerung auftritt.

Dennoch bleibt der Heimatkundliche Arbeitkreis seiner Grundüberzeugung treu.

Dürfte man nämlich der Ausstellung einen weiteren Untertitel geben, müsste er heißen.

„Regionale Künstler stellen in und für die Region aus.“

So gesehen ist der Beitrag des Heimatkundlichen Arbeitskreises zum Heimatfest 2011 ein Zeichen bewusster Regionalität in einem Zeitalter zunehmender Globalisierung.

Dem HKA ist daran gelegen, dass heimische Kunstschaffende bewusst wahrgenommen werden. Dabei geht es vor allem darum, ihnen eine Plattform zu bieten, auf der sie ihre Werke einer interessierten und kunstsinnigen Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich darf sie heute in die Ausstellung mit dem Titel „Vielfalt“, „Streifzug durch das künstlerische Schaffen von Maria Schießl (Malerin, Töpferin) und Alfred Tragl (Holzbildhauer) einführen. Zwei Künstler, die durch ihre Vielfalt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen,
 
Vielfalt in den Motiven,
Vielfalt in den Techniken.
Und Vielfalt im Ausdruck.

Dabei treffen in dieser Ausstellung zwei sehr unterschiedliche Biographien aufeinander:

Sie, 1959 geboren, erfolgreiche Mutter, mit 36 Jahren Ausbildung zur Fachlehrerin, auch spät Berufene – was die Kunst angeht, Autodidaktin, Töpferin, elegant Dekoratives aus Ton, bizarre Figuren aus Gipsgewebe, Malerin, weiche Kreidezeichnungen, kräftige Acrylfarben, pastoser Farbauftrag, gerafftes Gipsgewebe, Reliefbilder.  Wiederkehrende Motive: Natur, Umwelt, Impressionen

Er, 1948 geboren, humanistische Prägung am Gymnasium, Holzbildhauerschule, freischaffend, Sakrales, Krippen und Heilige, Hinwendung zum Abstrakten, Hölzer mit Charakter, Mythologisches, Reliefs. Wiederkehrende Themen: Masken, Köpfe, Gesichter. 

Was verbindet nun die beiden Künstler neben regionaler Bodenständigkeit?

Das hervorstechende Merkmal ist die Begeisterung für die Herausarbeitung einer plastischen Oberfläche.

Bei Maria Schießl spürt man die Neugierde am kreativen Gestalteten. Unterschiedlichste Werkzeuge graben sich in Ton oder Spachtelmasse, kratzen, ritzen, formen, glätten, hinterlassen Spuren, grenzen ab, schließen Räume, bilden Strukturen, erzeugen Spannung, setzen Zeichen, die durch ein kräftige Farbgebung
überhöht werden.

Alfred Tragl bevorzugt die leiseren Töne. Morbide, verwundene, eigenwillige Hölzer inspirieren ihn, angedeuteten Spuren nachzugehen. Vorsichtig holt das Werkzeug Angelegtes heraus, deutet Linien, sucht Formen,  verleiht Gestalt, so dass sich Material und Idee verbinden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
der Heimatkundliche Arbeitskreis Oberviechtach freut sich, Ihnen einen Einblick in den vielseitigen, abwechslungsreichen und mannigfaltigen Schaffensprozess von Maria Schießl und Alfred Tragl geben zu können. Ihnen präsentiert sich eine sehr harmonische Ausstellung, in der sich zwei Künstler hervorragend ergänzen.

Den Künstlern möchten wir nun als Zeichen unserer Wertschätzung Geschenke überreichen.

2009: „Oberviechtacher Impressionen – Retrospektive Karl-Ernst Florczak“

VITA KARL-ERNST FLORCZAK

  • Geb. 1922 in Berlin; gest. 2001 in Oberviechtach
  • Lehre als Kupferschmied
  • Erwerb des Meisterbriefs
  • Berufstätigkeit bei der Firma Siemens
  • 1976: Umzug nach Oberviechtach
  • Berufstätigkeit bei der Firma MMM in Stadlern
  • 1969: Beginn mit der Aquarellmalerei
  • 1982: Ruhestand
  • Intensive Beschäftigung mit der Malerei
  • Ausstellungen: 1987, 1989, 1990 (Unterstützung durch die „Freunde der Kunst“)
  • Werk: Mehr als 600 Aquarellbilder
  • Thematische Schwerpunkte: Landschaften, Straßenzüge, Gebäude, Detailmotive,  Personen, Pflanzen
Laudatio von Dr. Ludwig Schießl anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 06.11.2009 im Kulturzentrum in der Marktmühle:

Laudatio von Dr. Ludwig Schießl anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 06.11.2009 im Kulturzentrum in der Marktmühle:

Um den Begriff des „Heimatmalers“ ist es bestellt wie um jenen der „Heimat“ ganz allgemein: Je nach Standpunkt und Betrachtungsweise hat er einen durchaus sehr unterschiedlichen Klang, löst er divergente Assoziationen aus. Während die einen dahinter „tümelndes Pathos“ zu entdecken glauben, ist er für die anderen Spiegel, Inbegriff, Verkörperung und Ausdruck der künstlerischen Identifikation mit der Vertrautheit des eigenen Lebensumfeldes, des Bekannten, der Geborgenheit.

„Heimat ist, was wir daraus machen“, hat Felix Nonnberg einmal gesagt. Auf den Heimatmaler gemünzt, und zwar von der Warte der positiven Annäherung aus, möchte ich diesen Spruch umformulieren in: „Heimat ist, wie wir sie sehen.“ Die eigene persönliche, subjektive Wahrnehmung ist es, die die Realität erst zu dem macht, was sie für den Einzelnen bedeutet, rational wie emotional. Dass deshalb bei jeder Art von künstlerischer Darstellung die absolute Freiheit des Betrachters eingeschränkt ist, dass diese durch die Sehweise, die Ausdrucksform des Schaffenden gelenkt, ja mitunter sogar manipuliert wird, braucht nicht besonders betont zu werden. Andererseits ist es gerade diese – wenn sie so wollen – subtile Manipulation, die einen erst auf Details, Zusammenhänge und Stimmungen aufmerksam werden lässt, die einem in dieser Form möglicherweise für immer verborgen geblieben wären, und sei der äußere Rahmen noch so geläufig, bekannt, vertraut.

Bei Karl-Ernst Florczaks Werk ist dieses Phänomen in sehr ausgeprägter Form vorhanden, vielleicht gerade deswegen, weil er als gebürtiger Berliner, als „Zugereister“ in des Wortes liebenswürdigster Bedeutung, als zunächst Außenstehender zu seiner neuen Heimat seinen eigenen Zugang entwickeln musste, einen sehr fein- und scharfsinnigen, sensiblen und wachsamen, wie es eben seinem Wesen entsprach. Dass er dieses zwangsläufige Eintauchen in eine neue Lebenswelt, dieses Sammeln von Erfahrungen zugleich künstlerisch umsetzte, verfeinerte und ausbaute und somit der Nachwelt erhielt, war für unseren Ort, unsere Region ein Glücksfall, denn einen „Heimatmaler“, und ich sage das voller Hochachtung, vom Schlage eines Karl-Ernst Florczak, hatten wir bis dahin noch nicht.

Ein Glücksfall war es auch, dass die Distanz zwischen dem Berliner Florczak und seinen Oberpfälzer Mitbürgern von Anfang an denkbar gering war, was hauptsächlich an seiner gewinnenden, entgegenkommenden und jovialen Art lag, seiner Bescheidenheit und feinfühligen Zurückhaltung, seinem unprätentiösen Umgang mit den Mitmenschen, fern jeder Selbstgefälligkeit und Selbstdarstellung. Diese Nähe offenbart sich auch in seinen Bildern, in seinen Motiven: Nicht aus der Distanz des „fremdelnden“ Neubürgers, der in Oberviechtach seine zweite Heimat fand und sich allmählich einleben musste, hat er sie gesehen, sondern aus der Warte des Interessierten, des Neugierigen und des Wissbegierigen, der einen ausgesprochen scharfen Blick hatte für Details, für das Versteckte, für das Anmutige, das Liebenswürdige, das Alltägliche – kurzum das vertraute Selbstverständliche der Heimat, auf die er sich mit allen Sinnen und Fähigkeiten von Anfang an bedingungslos einließ. Für Karl-Ernst Florczak war der Ort Oberviechtach nicht bloß sein Wohnort, sondern ein Ort, den es zu entdecken und künstlerisch umzusetzen galt.

Herausgekommen ist ein Oeuvre von mehr als 600 Bildern, die sich mannigfaltigen Themenschwerpunkten zuordnen lassen, nach denen die Ausstellung „Oberviechtacher Impressionen – Retrospektive Karl-Ernst Florczak“ im Kulturzentrum in der Marktmühle angeordnet ist. Die Zahl seiner Bilder wissen wir deshalb so genau, weil er Zeit seiner Schaffensperiode penibelst Buch geführt hat und Zahl, Motive, Preis und Besitzer seiner Bilder in seinem legendären Notizheft verewigt hat. In diesem Büchlein sind auch der Name meiner Frau und der meine mehr als fünfzig Mal notiert, denn so viele Werke dürfen wir unser eigen nennen.

Dem Himmel sei Dank, möchte ich anfügen, denn unsere Besuche bei den Florczaks, die sich im Laufe der Jahre schon fast zu einem Ritual entwickelten, waren jedes Mal eine Bereicherung, menschlich wie kommunikativ. Dazu trug nicht zuletzt auch Frau Florczak, die ihren Gattin immer nur liebevoll „Karli“ nannte, mit ihren von trockenem hintergründigem Berliner Wortwitz geprägten Kommentaren ihr gerüttelt Maß bei. Dass sie heute Abend nicht unter uns sein kann, bedauere ich sehr. Besonders nachhaltig ist mir eine unserer letzten Begegnungen in Erinnerung, als Herr Florczak, körperlich bereits angeschlagen und geschwächt, aber mit eisernem Willen einem einmal gegebenen Wort nachkommend, besonders exponierte Detailmotive in unserem Anwesen in Augenschein nahm, auf Zelluloid bannte und sie danach als Aquarelle verewigte, als sein Vermächtnis, so könnte man sagen, denn nicht lange danach verschied er. Einer der dabei entstandenen Bilderzyklen befindet im Foyer des Kulturzentrums.

Aus unserem persönlichen Fundus und angereichert durch Exponate anderer Leihgeber, und zwar der Stadt Oberviechtach, von Frau Florczak sowie der Familien Tragl und Uschold, entstand die Ausstellung, die wir heute eröffnen. Damit wollen wir einen Mann und sein Werk ehren, der 1922 in Berlin das Licht der Welt erblickte, der das Handwerk des Kupferschmieds erlernte und später als Meister bei Siemens seinen Lebensunterhalt verdiente, einen Mann, der sich 1976 zusammen mit seiner Frau beruflich in die Oberpfalz veränderte und bei der MMM in Stadlern bis 1982 beschäftigt war, einen Mann, der neben der Malerei auch schriftstellerisch tätig war, der sich als Sportart das Boxen aussuchte und der sich nach den Kriegswirren als Maurer und Putzer ein neues Berufsfeld erschließen musste, also einen Mann mit einem breiten Facettenreichtum an Talenten, Interessen und Vorlieben sowie einer bewegten Vita.

Nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben widmete er sich als äußerst begabter und fleißiger Autodidakt schwerpunktmäßig und mit nimmermüder Hingabe der realistischen Aquarellmalerei. Den ersten Impuls dazu hatte er 1969 erhalten, als ein Herzinfarkt plötzlich für sehr viel Zeit und Muße sorgte. Dasselbe Schicksal ereilte ihn 1982 und führte zur Erwerbsunfähigkeit. Doch es hätte nicht dem lebensbejahenden und von positivem Denken geprägten Naturell Karl-Ernst Florczaks entsprochen, wenn er sich hätte entmutigen lassen. Die Freude an der Malerei kam wieder, und es folgte eine Phase der intensiven Vorbereitung, z. B. durch Aquarellkurse beim Volksbildungswerk und umfangreiche Lektüre.

Schon bald wurde man in Oberviechtach auf den Heimatmaler Florczak  aufmerksam sowie seine unnachahmliche Art, Objekte und Momente, beschauliche und idyllische Winkel sowie exponierte Sehenswürdigkeiten aus dem Raum Oberviechtach mit einer faszinierenden Kunstfertigkeit und sehr viel Ausdruckskraft akribisch festzuhalten.

1987 trat er zum ersten Mal mit einer Ausstellung in der Raiffeisenbank an das Licht der Öffentlichkeit. Sie fand große Beachtung. 1989 folgte eine Sonderausstellung im Heimatmuseum unter dem Motto „Oberviechtach in zeitgenössischen Bildern“. Eine weitere Sonderausstellung unter dem Motto „Menschen in Oberviechtach“ wurde 1990 abgehalten und war ebenfalls ein großer Erfolg. Nachhaltig unterstützt wurde er dabei von den „Freunden der Kunst“.

Obwohl sich dieser vielseitige Künstler auch der Technik der Pendelgraphik und der Seidenmalerei widmete, ist Karl-Ernst Florczak Zeit seines Schaffens der Aquarellmalerei treu geblieben. Hierin sah er seine künstlerische Heimat und die für ihn authentischste Art, mit feinem Pinselstrich seine Wahrnehmungen exakt abzubilden, seine Eindrücke wiederzugeben und die Sensibilität seines Wesens auf seine Bilder zu übertragen.

Karl-Ernst Florczak ist ein Vertreter der naturalistischen Malerei und somit kein Künstler, dessen Expressivität ihren Quell in der Symbolik, im Mystischen, im Enigmatischen schöpft – was ihn auszeichnet, ist die direkte Art, Wahrgenommenes künstlerisch zu verarbeiten. Seine Bilder bedürfen nicht der Interpretation, sie dienen einzig und allein der Kontemplation, der Freude am Wiedererkennen, an der Bestätigung, an der Entdeckung.

Dies zeigt sich in all seinen Motiven aus der gesamten Stadtgemeinde Oberviechtach, die sich thematisch in folgende Bereiche gliedern lassen, nach denen – wie gesagt – auch unsere Ausstellung, die in Form einer repräsentativen Auswahl einen Querschnitt seines Schaffens bietet, angeordnet ist, nämlich: Landschaften, Straßenzüge, Gebäude, Detailmotive, Personen und Pflanzen, kurzum – Oberviechtacher Impressionen. Das Selbstporträt Karl-Ernst Florczaks und sein Lieblingsbild, den Schmied, das wohl auch sein bestes ist und für ihn immer den Bezug zu seinem erlernten Beruf aufrecht erhielt, haben wir in hier vorne zu meiner Linken besonders exponiert.

„Heimat ist die Reduktion der Komplexität.“ Von allen Definitionen des Begriffs „Heimat“ ist mir diese am nachhaltigsten im Gedächtnis geblieben, gibt diese Aussage den Kern des Inhalts am treffendsten und am prägnantesten wieder. Auf Karl-Ernst Florczak und sein Werk übertragen, bedeutet dies, sowohl auf die Motive als auch auf die Art der Darstellung bezogen, Folgendes: Aus der großen Palette der Eindrücke, die auf ihn einströmten, hat er mit feinem Gespür für das Interessante, das Wesentliche und das Faszinierende eine geschickte Auswahl getroffen und jedes Motiv zu einem Moment der Heimatgeschichte werden lassen, ohne Übertreibung, ohne Überzeichnung, ohne Stilisierung und ohne Pathos. Hierin liegt seine eigentliche Leistung und sein Verdienst als Heimatmaler in des Wortes positivster Bedeutung.

Unsere Retrospektive soll – acht Jahre nach seinem Tod und als erste dieser Art im Rahmen unseres lokalspezifischen Kulturprogramms hier im Kulturzentrum in der Marktmühle – eine Hommage sein an sein Lebenswerk und dessen Stellung in der Ortsgeschichte, aber auch an eine Persönlichkeit, die der Stadt Oberviechtach gut zu Gesicht stand und die ihr gut tat. In unzähligen Privathaushalten, Gasthäusern, Arztpraxen und öffentlichen Gebäuden und nicht zuletzt auch in Form der hervorragenden Kalenderausgabe der Doktor-Eisenbarth- und der Stadt-Apotheke gehören „Florczaks“ als Sinnbilder unverkrampfter Heimatbezogenheit, als Ausdruck der Wertschätzung des Künstlers und seiner Vorliebe für detailgetreue künstlerische Spiegelung des eigenen Lebensumfeldes dauerhaft zum selbstverständlichen Inventar. Was könnte den Maler, den Heimatmaler Karl-Ernst Florczak mehr ehren und besser würdigen?

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E-Mail: schiessl.ovi@hotmail.de